Im Zuge des Projekts „Schützen gegen Extremismus, für Vielfalt und Demokratie“ führt der DSB aktuell eine Online-Umfrage durch.
Schützen gegen Extremismus: Zehn Strategien zum Umgang mit Stammtischparolen
Stammtischparolen heißen so, weil sie vermeintlich oft in Kneipen geäußert werden. Ironischerweise hat der Stammtisch daher mit seinem eigenen Vorurteil zu kämpfen. Was sind Stammtischparolen? Kennzeichnend für diese ist ihre Einfachheit, Plumpheit, Verallgemeinerung und ihr meist negativer Charakter. Sie bringen Vorurteile zum Ausdruck und richten sich stets gegen „Andere“ und das „Unbekannte“. Der vermeintlich „Andere“ wird dabei abgewertet und verurteilt. Gleichzeitig dient das Konstrukt des „Anderen“ dazu, das „Eigene“ bzw. das „Wir“ aufzuwerten.
Stammtischparolen hinterlassen bei denjenigen, die mit ihnen konfrontiert werden, oft ein beklemmendes und überwältigendes Gefühl. Den meisten Menschen fällt es schwer, dagegen zu halten, da Stammtischparolen oftmals so formuliert werden, dass sie einen absoluten und unanfechtbaren Anspruch haben. Als Gegenüber kann schnell der Gedanke aufkommen, bestimmtes Fachwissen sei nötig, um Stammtischparolen entkräften zu können.
Beispiele hierfür sind:
• „Flüchtlinge bekommen Wohnungen/Arbeitsplätze/Sozialleistungen, aber Deutsche gehen leer aus.“
• „Ausländer sind kriminell.“
• „Man weiß doch nie, was so ein Muslim wirklich denkt.“
• „So schlecht ist die Todesstrafe auch wieder nicht.“
• „Wir wollen keinen farbigen/nicht christlichen/homosexuellen Schützenkönig.“
• „Frauen/Nichtchristen/Ausländer haben in unserem Schützenverein nichts verloren.“
Um solchen Stammtischparolen etwas entgegenzusetzen, gibt es verschiedene Techniken, die erlernt werden können. Die nachfolgenden zehn Punkte sind Anregungen zum Hinterfragen und als mögliche Reaktion auf entsprechende „Stammtischsprüche“. Sie sind nicht etwa alle nacheinander abzuarbeiten oder im konkreten Fall immer alle sinnvoll. Die Auswahl, welche Strategie genutzt werden sollte, ist vielmehr vom Einzelfall abhängig. Es kann zum Beispiel im Einzelfall eher kontraproduktiv sein, mit Ironie zu antworten.
1. Nachfragen
Nachfragen signalisiert dem Gegenüber erst einmal: „Ich höre dir zu.“ Fragen wie z.B.: „Was genau meinst du? Woher hast du diese Informationen? Hast du das selbst schon erlebt?“ Nachfragen können zeigen, dass die Stammtischparole oft auf wenig Sachkenntnis beruht. Es sollte dabei vermieden werden, die Aussagen sofort infrage zu stellen, da sich sonst schnell Fronten bilden können.
2. Hintergrundwissen
Hierbei kann beispielsweise auf Statistiken oder Studien verwiesen werden. Jedoch sollte vermieden werden, andere zu belehren. Dein Gegenüber soll nicht das Gefühl bekommen, als unwissend oder dumm dargestellt zu werden. Aber: Mit oder gegen Statistiken und Studien zu argumentieren, wird gerade in jüngster Zeit immer schwieriger, da es letztlich für jede Behauptung irgendeine Statistik oder Studie gibt, die genau das Gegenteil belegt. Hier befindet man sich ganz schnell in einem wissenschaftlichen Streitgespräch, was man eigentlich mangels eigener Sachkenntnis inhaltlich nicht führen kann. Es läuft auf einen Abtausch: „meine Studie ist glaubwürdiger/mein Wissenschaftler ist renommierter“ hinaus, was zu keinem positiven Austausch von Argumenten bzw. Ergebnis führen wird.
3. Ironie
Ein ironischer Umgang kann helfen, Stammtischparolen den Wind aus den Segeln zu nehmen und gleichzeitig die Stimmung aufzulockern. Aber Vorsicht! Eine ironisch gemeinte Aussage kann auch missverstanden werden oder provozierend wirken.
4. Widersprüche aufzeigen
Derjenige, der abfällig über Personen mit Migrationshintergrund redet, hat oft selbst Wurzeln in oder Freunde aus einem anderen Land, konsumiert selbst ausländische Produkte, macht Urlaub im Ausland, schaut ausländische Filme und genießt ausländisches Essen im Restaurant um die Ecke. Oft lassen sich auch in der Stammtischparole selbst Widersprüche finden. Diese sollten konkret aufgezeigt werden.
5. Das „Die“ auflösen
Hier soll verhindert werden, dass z. B. alle Personen mit Migrationshintergrund in eine Schublade gesteckt werden. Je allgemeiner die Aussage ist, desto schwieriger kann es sich anfühlen, dagegenzuhalten. Diejenigen, die Stammtischparolen äußern, machen es sich sehr einfach, über eine so breite und vielfältige Gruppe zu urteilen. Außerdem lassen sich oftmals zu Verallgemeinerungen gegen andere auch parallele Verallgemeinerungen gegen die „eigene“ Gruppe finden.
6. Emotionen ansprechen
Da Vorurteile besonders durch ihre Leidenschaft wirken, lassen sie sich oft nicht allein durch Informationen entkräften. Es sind meistens die Emotionen, die aus denjenigen sprechen, die sich in Vorurteilen und Stammtischparolen äußern. Deswegen ist es wichtig, diese Emotionen anzusprechen.
7. Ich-Botschaften senden und Gefühle äußern
Dieses Vorgehen eignet sich besonders zur Eröffnung für ein klärendes Gespräch: Hier wird die Stammtischparole zuerst gespiegelt/wiederholt: „Habe ich dich richtig verstanden, du meinst, dass …“ Dann werden Ich-Botschaften gesendet, um zu zeigen, dass die Aussage so nicht akzeptiert wird. „Das kann ich so nicht bestätigen, weil …./Ich bin da anderer Meinung, denn …“ Die eigenen Gefühle dürfen dabei zum Ausdruck gebracht werden, um sich deutlich von der Aussage des Gegenübers abzugrenzen. Anschließend kann ein Wunsch darüber geäußert werden, wie das Gespräch weitergehen soll.
8. Eigene Erfahrungen
Erzählt werden erlebte Situationen oder kleine Anekdoten, die der Stammtischparole entgegenwirken. Dabei wird durch Beschreibungen und Erzählungen zum Ausdruck gebracht, was man weiß.
9. Unterstützung suchen
Auch andere Personen können in das Gespräch miteinbezogen werden. Wenn einem selbst die Worte fehlen, kann man sich so gegenseitig in seiner Argumentation unterstützen. Je mehr Perspektiven ins Bild gerückt werden, desto mehr verliert die Stammtischparole ihren absoluten Charakter.
10. Die „weiche Wand“
Wer nicht diskutieren möchte oder einfach zu überwältigt von einer Stammtischparole ist, kann dies dem Gegenüber mitteilen. Es dient vor allem zum Selbstschutz, kann Zeit verschaffen und bezieht direkt die emotionale Komponente ein. Die Wand ist „weich“, da trotz eines starken Gefühls der Ablehnung gewaltfrei kommuniziert werden soll.
Konkrete Beispiele zum Anwenden der zehn Strategien finden sich auf S. 16 in der Broschüre „Schützen gegen Extremismus, für Vielfalt und Demokratie“.
Aktuelle Online-Umfrage zum Thema bis zum 31. Januar - Bitte mitmachen
Um das Projekt „Schützen gegen Extremismus, für Vielfalt und Demokratie“ fortzuführen und Erkenntnisse für die weitere Aufbereitung zu gewinnen, führt der DSB aktuell eine Online-Umfrage durch. Diese ist noch bis zum 31. Januar freigeschaltet. Der DSB würde sich freuen, wenn möglichst viele Mitglieder daran teilnehmen.
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