„Ich möchte, dass Inklusion nicht nur ein Wort ist!“ ist ein starkes Statement von einer starken Frau.
Unser Mitarbeiter für Öffentlichkeitsarbeit im Westfälischen Schützenbund, Philipp Schulz hat für die Mitglieder des WSB ein Interview mit der neuen Landesreferentin für Behindertensport/Inklusion geführt. Simone hat es im Leben selbst nicht leicht und engagiert sich trotzdem in einem großen Maß und hat eine Menge Ideen für die Zukunft, aber lesen Sie selbst:
Simone, du bist ganz frisch im Amt der Landesreferentin für Behindertensport im WSB. Wie genau bist du dazu gekommen und was sind eigentlich deine Aufgaben?
Andreas Schäfers, mein Vorgänger im Amt, musste dies aus gesundheitlichen und familiären Gründen niederlegen. Somit war das Amt vakant.
Da ich als SH2 Kaderschützin sowohl national als auch international schieße, und aufgrund dessen schon etliches Vorwissen mitbrachte, wurde ich von den Mitgliedern der Geschäftsstelle gefragt, ob ich es mir vorstellen könne, dieses Amt zu bekleiden.
Ich war zwar sehr überrascht, hab mich aber dann nach etwas Bedenkzeit dazu entschieden, es zu übernehmen. Und wenn wir mal ehrlich sind, habe ich schon für uns Handicapler ohne Amt Stellung übernommen. Reden klappt prima bei mir. Und somit wurde ich dann auf den erforderlichen Sitzungen vorgestellt und gewählt.
Ich bin damit Ansprechpartnerin für Schützen mit Handicap des WSB für all ihre Belange und Sorgen rund um den Sport (Klassifikation, Hilfsmittel, Umsetzung der Sportordnung etc.). Aber auch für Vereine, die gerne Handicapler inkludieren möchten, sich aber vielleicht nicht trauen, da sie der Meinung sind es sei ggf. zu viel Aufwand. Das ist es aber sehr oft gar nicht. Nur mal am Rande. Dabei arbeite ich auch eng mit der Geschäftsstelle dem DSB und dem DBS zusammen.
Aber nun noch einmal kurz zu dir. Was gibt es Wichtiges das unsere Mitglieder da draußen über dich wissen sollten?
Na, dann stelle ich mich mal für die vor, die mich noch nicht persönlich kennen. Ich heiße Simone Gocke-Fox und bin 46 Jahre alt. Als ich 23 Jahre alt war, hat sich mein Leben noch einmal von Kopf auf geändert. Denn ab diesem Zeitpunkt galt ich nach deutschem Gesetz als schwerbehindert (ich mag das Wort nicht wirklich).
Da ich dann meinen alten Sport nicht mehr ausüben konnte, und irgendwann dann wieder so fit war, dass ich trotz körperlichen Einschränkungen einer Vereinssportart nachgehen wollte, entschied ich mich zuerst für den Bogensport. Meine Kraft war dafür aber nicht ausreichend, so dass mir Vereinsmitglieder damals den Tipp gaben, es mit dem Gewehrsport/Pistolensport zu probieren. Tja, und da wurde ich dann heimisch. Ich bin Gewehrschützin. Letztendlich auch gut so, da sich meine Beeinträchtigung mit den Jahren noch verschlimmerte und ich nie wieder die Kraft haben werde einen Bogen zu spannen oder Freihand zu schießen. Durch die Hilfe und Unterstützung aus Familie/ Vereinen wurde ich immer besser, bis ich mich dann im Kader wiedergefunden habe. Seit 2017 bin ich nicht nur national, sondern auch international als SH2/AB2Aa-Schützin klassifiziert.
Wenn ich jetzt ein Mensch mit Behinderung bin, kann ich dann am Schießbetrieb ganz normal teilnehmen? Was für Voraussetzungen muss ich dazu erfüllen?
Naja, in erster Linie musst du Spaß am Schießen haben. Ohne den braucht man erst gar nicht auf den Schießstand. Das gilt schon mal für alle Schützen!
Aber wenn die Motivation stimmt, kommen die erforderlichen Hilfsmittel, die dir helfen sollen den Sport so auszuüben, dass es dir beim Training/Wettkampf gut geht. Aber auch das Thema Sicherheit steht dabei oben an.
Die Hilfsmittel darf man sich aber nicht einfach so anschaffen und dann mit deren Hilfe schießen. So einfach ist es dann doch nicht. Sondern es muss beim WSB erst einmal ein Antrag auf Klassifikation gestellt werden. Den Antrag dafür findet man auf der WSB-Seite. Dieser wird dann an uns mit den erforderlichen Unterlagen zurückgesandt und einer Klassifiziererin/ einem Klassifizierer vorgelegt. In der Regel ist es so, dass es dann noch einmal zu einem persönlichen Termin kommt, damit sich die Klassifizierer ein Blick auf den Schützen mit seinem Handicap werfen kann. Viele erachten dies als sehr viel Bürokratie. Aber nur so kann der Schütze einer Schadensklasse zugeordnet werden. Seiner zukünftigen Schadensklasse, in der er zukünftig schießen wird und aus der er die Freigabe der erforderlichen Hilfsmittel erhalten wird. Der Schütze bekommt dann von uns gesagt, welche Hilfsmittel ihn unterstützen dürfen beim Schießen. Nach 2-3 Monaten wird dann vom DSB Hilfsmittelausweis ausgestellt, den er vor jeder Meisterschaft vorzulegen hat. Natürlich auch die Hilfsmittel.
In der Regel dürfen AB1/SH1-Schützen bei euch „Gesunden“ mitschießen. Denn das sind Schützen, die eine Beeinträchtigung des unteren Skelettsystems haben, aber gesunde Arme. Er kann somit einem Freihandschützen/Auflageschützen gleichgestellt werden.
SH2/AB2 Schützen haben in der Regel noch einen beeinträchtigten Arm und als Hilfsmittel den Federbock. Sie haben ihre eigenen Wettkämpfe, da der Federbock nicht vergleichbar mit gesunden oder SH1-Schützen ist.
SH3 Schützen sind unsere erblindeten Schützen, die dann ihre eigenen Wettkämpfe haben, da sie mit einem auditiven Hilfsmittel arbeiten. Unsere geistig behinderten Schützen benutzen dann die Lichtpunktanlage. Unsere gehörlosen Schützen schießen mit optischen Hilfen.
Somit kann ich deine Frage ganz klar mir ja beantworten. Jeder Schütze mit Handicap hat die Chance zu schießen du kann am Schießbetrieb teilnehmen!!! Er benötigt nur einiger Unterstützung in Form von Hilfsmitteln.
Also viel Spaß beim Training und Wettkampf!
Gibt es bereits Angebote auf Seiten des WSB im Bereich Behindertensport?
Ja, den Bereich gibt. Dieser wird aber in naher Zukunft aber noch einmal aufgearbeitet. Wenn die Seite im neuen Glanz erstrahlt, werdet ihr es sicherlich auch über den Newsletter erfahren.
Ihr könnt mich aber auch dabei unterstützen. Was wünscht ihr euch von uns in der Zukunft? Was würdet ihr gerne auf dieser Seite finden, was das Thema Inklusion im Schießsport angeht
Welcher Verein ist barrierefrei? Bitte schickt mir hierzu die Adressen, damit wir eine Liste der Vereine ins Netz stellen können.
Verglichen mit anderen Sportarten. Wie schneidet da der Schießsport, also Sportschießen und Bogenschießen im Vergleich zu anderen Sportarten ab? Sind wir ein Behindertenfreundlicher Sport oder haben wir noch viele unbenutzte Potentiale?
Mehr geht immer! Es müssten sich nur mehr trauen dem Sport eine Lobby zu geben. Unser Sport ist phänomenal gut.
Unser Sport bietet einem Menschen mit Handicap (und mit fast allen Einschränkungen) aktiv am Training, Wettkampf und Vereinsleben teilzunehmen. Wir Schützen sind eine Gemeinschaft. Und da ist es egal ob mit Handicap oder gesund.
Schauen wir einmal ein wenig in die Zukunft. Was sind deine Pläne als Referentin, also wohin möchtest du den WSB im Behindertensport bringen?
Ich möchte, dass Inklusion nicht nur ein Wort ist!
Liebe Simone, vielen Dank für das Interview und viel Spaß und Erfolg bei deiner Arbeit!