Interview mit Hermann Lücking – Referent Blasrohrsport im WSB

Blasrohrsport - Ein Sport der aktuell große Aufmerksamkeit bekommt und auch im WSB durch einen eigenen Referenten gefördert wird. 

Wie bist du selbst zum Blasrohrsport gekommen?

Vor 2-3 Jahren habe ich das Blasrohrschießen zum ersten Mal auf der Deutschen Meisterschaft in München gesehen und kennengelernt. Ich bin dort mit den Betreuern der Station ins Gespräch gekommen und fand es von Beginn an sehr interessant. Beim ersten Ausprobieren habe ich zwar noch nichts getroffen, Spaß gemacht hat es aber allemal. Auf der letzten Deutschen Meisterschaft beim fotografieren in der Ausrüstungs- und Waffenkontrolle hat der finale Blitz bei mir eingeschlagen. Die Materialschlacht im Gewehr- und Pistolenbereich (kostentechnisch) mit den resultierenden Kontrollen ist mittlerweile ins Absurde abgeglitten.
Sportler die auf ihrer nigelnagelneuen Sportbekleidung rumspringen, zerren, kneten und rollen, die oft mehr als 1000,-€ kostet,  damit die Kontrolle durch die Maschine bestanden wird.
Da kommen Jugendliche mit einer Sportausrüstung, die locker die 3000,-€ Marke übersteigt.
Wird dazu noch eine KK Disziplin geschossen, lassen wir die 5000,-€ Marke hinter uns.

Solche Zahlen haben nichts mehr mit Chancengleichheit zu tun, es gibt Familien die sich dies schlichtweg nicht leisten können. Bei zwei Kindern legst du das Geld für eine kompletten Kleinwagen auf den Tisch, wo soll das hinführen?  Das Argument der vereinseigenen Sportgeräte gilt hier nicht, weil diese Sportgeräte so individualisiert auf den Sportler eingestellt werden, dass sehr kurzfristig der verständliche Wunsch nach einer eigenen Ausrüstung entsteht.
Hier wird der Blasrohrsport einen Gegenpol bilden, auch wenn die Ausrüstungsindustrie weint.

Hermi,  ganz spontan – deine Vision zum Blasrohrsport?

Sport Blasrohr Hermann Lcking Interview

Gern, die rattere ich mal als Stichworte runter, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

  • Eine Sportart, die mit absolut rudimentären Mitteln Spannung und eine Vielzahl an Möglichkeiten bietet.
  • Nachwuchsgewinnung (jede Altersklasse).
  • Neue Wettkampfformen die mediengerecht aufbereitet werden können.
  • Daraus resultierend – leichter Sponsoren zu finden.
  • Sportart die flexibel ist und Akzeptanz auch außerhalb der Schützenfamilie finden kann, also eine Art Volkssport.
  • Für alle Altersklassen geeignet und auch bei der Inklusion ganz vorn dabei.
  • Bei Reduzierung der Mannschaftswettbewerbe auf die 7 Meter Distanz ist Inklusion und Gleichstellung von „Männlein“ und „Weiblein“ von Beginn an gegeben.
  • Chancengleichheit und damit sozial gerecht, da sehr kostengünstig (was man bei den aktuellen Ausrüstungen z.B. im Gewehr-/Pistolenbereich nicht behaupten kann).
  • Die soziale Herkunft sollte nicht über Sieg und Niederlage beim Nachwuchs entscheiden.
  • Deshalb darf ab Beginn bei der Konzeption des Sportes KEINE Materialschlacht zuglassen werden.
  • Neue Wettkampfformen und Medienaufbereitung.

Nun hast du in München deine ersten Erfahrungen mit dem Blasrohrschießen vor 2-3 Jahren machen dürfen. Wie sind deine Erfahrungswerte seit diesem Tag mit dem Thema?

Bei meinem Heimatverein SSV Elsen habe ich ergänzend zum Vereinsmeisterschafts Luftgewehrfinale, spontan eine Blasrohr VM durchgezogen. Es war für mich ein absolut positives Erlebnis zu sehen, wie eine anfängliche Skepsis einem Strahlen in den Augen wich.
– eine Sportart voller Gegensätze --
Momentan ist es noch so, dass viele mit dem Thema Blasrohrschießen noch nicht wirklich etwas anfangen können. Wenn man das erste Mal über dieses Thema spricht, sieht man oft Fragezeichen über den Köpfen oder aber ein Schmunzeln im Gesicht.
Als Sportart ist Blasrohrschießen uralt und gleichzeitig jung.
Kinder musst du auf Veranstaltungen nicht sonderlich motivieren, sie probieren es einfach aus. Auf die Erwachsenen musst du AKTIV zugehen.
Bisher sind die Erfahrungen durchweg positiv gewesen und ich hoffe das geht auch so weiter. Das Thema ist spannend und die Menschen sind bereit etwas Neues auszuprobieren
Dieses Potential gilt es zu nutzen.

Du sagtest es ist noch eine sehr junge Sportart. In welche Richtung, denkst du, wird das Blasrohrschießen gehen? Fun-Sport, Trendsport oder aber Leistungssport?

Philipp, definier mir mal den Begriff Fun-Sport + Trendsport im Schießen.
Schau dir meine grauen Haare an, seit weit über 30 Jahren bin ich Sportschütze.
Jeder der an der Schützenlinie steht will das Zentrum treffen, nicht einmal, nicht zweimal, nicht zufällig, sondern geplant mit jedem Schuss. Das geht nur mit Training, mit kontinuierlichem Abarbeiten der erforderlichen Punkte. Zielsportler wollen immer die Mitte treffen und das ist auch gut so. 

Um auf deine Frage zurückzukommen: Die Begriffe Fun-Sport + Trendsport passen nicht zum Bereich Schießen und somit auch nicht zum Blasrohrsport.
Der Spaßfaktor steht außer Frage und gerade für den Erstkontakt in der Nachwuchsgewinnung haben wir unglaubliche Vorteile, weil wir problemlos in der Öffentlichkeit, bzw. bei  öffentlichen Veranstaltungen präsentieren können.
Nach einer anfänglichen Euphorie wird der Sport nur Bestand haben und sich für diesen Bereich eine große Sportgemeinschaft aufbauen lassen, wenn die Vereine „mitspielen“.
Das heißt: Es müssen sich genug „Sportverrückte“ in- und außerhalb der Vereine finden, die sich bereit erklären in diesem Bereich Zeit (nicht Geld) zu investieren, da es (wenn auch nicht viel) einer eigenen Logistik bedarf. Der Erfolg hängt AUSSCHLIESSLICH vom Willen und der Motivation in den Vereinen ab, etwas bewegen zu wollen. Gelingt dies, wird Blasrohrsport eine perfekte Säule im Schützenwesen.

Wenn WIR einen guten Mix hinbekommen. Auf kurz oder lang wird es eine Gemeinschaft des Blasrohrsports in NRW geben. Du als Referent für den Blasrohrsport wirst diese begleiten. Aber welche Angebote sind denn von Seiten des Westfälischen Schützenbundes zu erwarten?

Ziel ist es, dass das Blasrohrschießen innerhalb von zwei Jahren flächendeckend in den Vereinen angeboten wird, sowie Wettkämpfe im Ligamodus durchgeführt und Meisterschaften bis zur Landesebene geschossen werden (Vereins-, Kreis-, Bezirks- und Landesmeisterschaften).

Derzeit bieten wir das Blasrohrschießen auf einigen großen Veranstaltungen des Westfälischen Schützenbundes an. Beim Landeskönigsschießen und auf der Landemeisterschaft Bogen waren wir schon. Events wie den Winny-Cup 2019 und das WSB Jugendcamp werden wir ebenfalls auf dem Programm haben. Den Vereinen werden wir eine Plattform zur Bewerbung ihrer Pokalschießen, bzw. Startmöglichkeiten geben.
 
Wir erarbeiten als WSB ein Grundkonzept zur Umsetzung für die Vereine, mit Anleitungen für die speziell zur Nachwuchsgewinnung und Wettkampfgestaltung. Zusammen mit den Bezirken und Kreisen + aktuell schon interessierten Vereinen, werden wir in Strategiesitzungen dieses Konzept diskutieren, danach wird es den Mitgliedsvereinen des WSB als neue Disziplin, mit einem Leitfaden zur Umsetzung an die Hand gegeben. Dies Konzept zum Blasrohrsport bedeutet, dass wir in den kommenden Monaten und Jahren das bestehende Netz des WSB nutzen und – gemeinsam mit unseren Mitgliedsvereinen – eine weitere spannende Möglichkeit  anbieten, um den gesellschaftlichen Herausforderungen (Nachwuchsgewinnung und Akzeptanz des Schützenwesens) optimistisch zu begegnen.

Das klingt vielversprechend und vor allem ist es auch mit Erwartungen verbunden. Wo denkst du liegt denn die Zukunft des Blasrohrsports ganz allgemein. Wenn man das zu diesem Zeitpunkt denn schon sagen kann?!

Zuschauer, vor allem auch sportfremd, und Medien sollen sich begeistern können.

Mit dem Aufbau einer neuen Sportart haben wir hier und jetzt, die ultimative Chance einen von Grund auf spannenden und mediengerechten Wettkampfmodus zu entwickeln.
Exemplarisch genannt: z.B.  leicht verständliche Punktewertung, digitale Datenaufbereitung, kompakte Teamevents wie z.B. bei Liga Bogen, rausgehen außerhalb der normalen Schießstände möglich, Kombis mit anderen Events).
Dies funktioniert wenn wir die spannendsten Elemente der unterschiedlichen Schießsportdisziplinen bündeln.
Wenn die Vereine es umsetzen und wir die Medien gewinnen, wird es eine absolute Erfolgsgeschichte und eine der modernsten Zielsportarten.
Ich denke es wird eine Sportart im Landessportbund werden die dem Westfälischen Schützenbund zugeordnet sein wird. Wir werden auf Unvoreingenommenheit bei Menschen außerhalb des Schützenwesens treffen und evtl. an Schulen herankommen. Es ist sogar, ohne jemanden zu nahe treten zu wollen, vom Aufwand her einfacher als Bogenschießen und gerade das ist an Schulen oft eine Thematik. Wo uns der Weg auch hinführen wird, ich werde gerne als Referent dabei sein und unsere Mitglieder und Sportler begleiten.

Für die Mitglieder im WSB, erzähl uns doch einmal ganz kurz noch ein paar interessante Fakten zu deiner Person.

Ja, wo soll ich anfangen. Seit ca. zwei Monaten bin ich Referent für Blasrohrsport im Westfälischen Schützenbund und über 30 Jahr dem Sportschießen (Gewehr) verbunden. Deutlich über zehn Jahre betreibe die Seite „shootingfan“. Viele kennen mich nur unter diesem Namen. Dort findest du Fotos und Berichte über aktuelle Wettkämpfe, Events und selektierte Partyfotos (z.B. DSB Pokal oder Kevelaer Oktoberfest, uvm.) auf Facebook. Wenn ich schieße, sollen die Kugeln und Pfeile ins Zentrum – ohne Ausnahme (klappt leider nicht durchgehend). Lachen und Spaß bereichern das Leben. Was ich überhaupt nicht mag sind Illoyalität, lange Entscheidungswege, politische Entscheidungen ohne Hirn und Bürokratie.

Harmonie, ein faires Miteinander und Klartext erleichtern das Leben.
Für den Blasrohrsport habe ich eine Website erstellt, mobile.blasrohr.app  .

Diese ist aktuell für Smartphones optimiert.

Vielen Dank Hermi. Wir freuen uns auf die gemeinsame Arbeit!