Infos des DSB: Sportpsychologie - Welche Rolle spielt der Kopf?

Die mentale Komponente im Bogen- und Schießsport ist ein wesentlicher Bestandteil, der über Erfolg und Misserfolg entscheidet.

200512 Flinte MentalDer Förderkreis Wurfscheibe hat sich diesem Thema angenommen und fünf der wichtigsten Fragen von Diplom-Psychologe Benjamin Koch, der auch die DSB-Skeetschützen betreut, beantworten lassen.

1. Welche Rolle spielt der Kopf im Leistungssport?

Er spielt eine bedeutende Rolle. Zum einen steuert er das Erlernen und die Ausführung von Bewegungen. Darüber hinaus fordert der Leistungssport eine Reihe stabiler mentaler Fähigkeiten bezüglich Motivation und Konzentration, sowie im Umgang mit Emotionen wie Angst und Frustration beispielsweise nach einem Fehlschuss. Doch nicht allein die persönlichen Eigenschaften, sondern ebenso das Umfeld, in dem der Sportler sich bewegt, hat einen großen Einfluss. Vor allem die Einflussnahme des Trainers und die Unterstützung durch die Familie sind von großer Bedeutung.

Bei großen technischen und athletischen Leistungsunterschieden ist die Psyche weniger bedeutsam. Aber je ähnlicher der Leistungsstand der Sportler/innen ist desto mehr entscheidet der Kopf. Im Schießsport hat der mentale Teil aufgrund der geringeren Bedeutung der Athletik einen großen Stellenwert.

2. Welche psychischen Aspekte beeinflussen das Leistungsvermögen – positiv als auch negativ?

Vor allem vorangegangene Erfahrungen im Umgang mit Erfolg und Misserfolg beeinflussen das Leistungsvermögen der Sportler/innen. Hierbei ist eine stabile Persönlichkeit von Bedeutung. Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen bleiben unangetastet von schwankenden Leistungen, je stabiler diese sind.

Dafür ist auch die Selbstwirksamkeitserwartung sehr bedeutsam. Die Überzeugung „Ich kann das schaffen“ zeugt davon, dass die Leistung der eigenen Kompetenz zugeschrieben wird.

Wird beispielsweise die Leistung eines Schützens, welcher zu einer Meisterschaft in einen Rekord aufstellt, auf die Besonderheit des Standes zurückgeführt, kann dies für alle nachfolgenden Wettkämpfe eine Barriere darstellen. Mit der Überzeugung, dass allein die externen Umstände zu dieser Leistung geführt haben, wird der Sportler diesen Rekord nicht mehr brechen.

3. Um wie viel Prozent bedingt die Psyche das Leistungsvermögen?

Den Einfluss der Psyche auf das Leistungsvermögen in einem fixen Wert auszudrücken stellt sich schwierig dar, da unter dem Konstrukt „Psyche“ vielerlei Faktoren zu bedenken sind. Jedoch kann man davon ausgehen, dass die Psyche einen größeren Einfluss auf das Leistungsvermögen ausübt, je ähnlicher der Leistungsstand der Sportler/innen, bei gleichen Umweltbedingungen, ausfällt.

Vergleicht man Schützen zwischen den Weltranglistenplätzen 10 und 20, welche vom selben Trainer trainiert werden und vergleichbare Leistungen in Koordination, Kondition, Technik und Taktik aufweisen, so wird der Leistungsunterschied zwischen den Sportler/innen allein durch Unterschiede in der Psyche bedingt sein.

4. Was kann uns dabei helfen, damit wir unser wirkliches Potenzial gänzlich abrufen können?

Um das Potenzial im richtigen Moment abrufen zu können, ist es zentral die dafür nötigen Handlungsschritte zu internalisieren und automatisieren. Von Bedeutung ist, die Gedanken nicht auf die Hindernisse zu fokussieren, sondern auf die Mittel und Wege, diese zu überwinden. Beispielsweise sollte der Stürmer beim Strafstoß nicht den Torwart oder das Ausfokussieren sondern die gewünschte Ecke. Eine intensive Wettkampfvorbereitung und das Erarbeiten von Routinen befähigt dazu, sich zu fokussieren und sich auf das zu konzentrieren, was im Moment wichtig ist.

Viel Potential kommt dabei dem mentalem Training und der Hypnose zu. Gerade die Hypnose kann dabei unterstützen im Wettkampf einen optimalen Wettkampfzustand zu erreichen. Die Techniken aus dem mentalen Training aber auch der Hypnose müssen natürlich auch trainiert werden bevor sie ihre Wirkung entfalten.

5. Wie lernen wir, den hohen Anforderungen stand zuhalten und dem eigenen Anspruch gerecht zu werden?

Hierbei findet sich eine stetige Entwicklung, denn die Anforderungen an den Leistungssportler steigen kontinuierlich. Wichtig dabei ist, dass sich die Anforderungen von außen mit den persönlichen Anforderungen an sich selbst decken. Dies ist gleichzusetzen mit den Zielen einer Person. Werden fremdbestimmte Ziele einfach übernommen, sinkt die Motivation und Leistungsbereitschaft.

Weiterhin kann mentales Training dazu verhelfen, sich in Wettkampfsituationen fokussiert und konzentriert den Anforderungen zu stellen.

Auch gehören Misserfolge zum Leben eines Leistungssportlers. Es ist somit unabdingbar, dass sich Sportler/innen so früh wie möglich eine gesunde Strategie zur Misserfolgsbewältigung aufbauen.

Ein perfektes Beispiel für den Umgang mit Misserfolg ist Bayern München. Im Champions League Finale 1998/99 gegen Manchester United gaben sie das Spiel in der Nachspielzeit durch zwei Tore in der 91sten und in der 93sten Minute ab. Dies galt als Mutter aller Niederlagen. Seitdem hat Bayern München nie wieder gegen Manchester in der Champions League verloren. Zusätzlich ist Bayern wegen seines Vermögens das Spiel noch in der Nachspielzeit umzukippen, gefürchtet (Siehe das Spiel gegen RB Leipzig). Bayern ist gestärkt aus der Niederlage hervorgegangen. So sieht ein erfolgreicher Umgang mit Niederlagen aus.

Der Autor – Diplom-Psychologe Benjamin Koch

Koch ist seit zehn Jahren als Sportpsychologe und Coach im Spitzensport tätig. Er unterstützt Leistungssportler, Trainer und Sportvereine bei ihrer Potentialerkennung und -entwicklung. Der Diplom-Psychologe absolvierte eine Ausbildung zum psychologischen Trainer und Coach im Leistungssport am Bundesinstitut für Sportwissenschaft und ist Experte für psychologisches Training und Coaching im Spitzensport. Seine Schwerpunkte sind das mentale Training, die Hypnose, Misserfolgsbewältigung sowie die Teamentwicklung.

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QUELLE: WWW.DSB.DE

Foto: Förderkreis Wurfscheibe / Das Gehirn spielt im (Leistungs-)Sport eine große Rolle.