Blasrohrschießen wird offiziell Teil der Sportordnung des DSB

Am 26.02. bestätigte der Bundesausschuss Sportschießen, dass das Blasrohrschießen in die Sportordnung des DSB aufgenommen wird.

Zusätzlich veröffentlichte der DSB ein Interview mit zwei der führenden Experten aus dem Bayerischen Sportschützenbund.

 

Infoflyer zum Blasrohrschießen

 

Für Fragen rund um das Blasrohrschießen im Westfälischen Schützenbund wenden Sie sich gerne an unseren Referenten Hermann Lücking.

 

220305 Blasrohr im DSB

Im Deutschen Schützenbund gibt es eine neue Disziplin: das Blasrohrschießen. Wie die Anfänge verlaufen, was sich dahinter verbirgt, was man als Verein machen muss, um den Sport auszuprobieren, beantworten Georg Bergmann und Jürgen Woodfin, die die Sportart im Bayerischen Sportschützenbund etabliert haben und nun auch im DSB vorantreiben, im Doppel-Interview.

 

Wie kam die Idee, Blasrohr zu schießen und im DSB zu etablieren?
Bergmann: „Ich habe vor sechs Jahren das Blasrohrschießen beim Bayerischen Sportschützenbund (BSSB) eingeführt, um den Schützenvereinen etwas Neuartiges anzubieten und damit bereits Kinder ab sieben Jahren anzusprechen.“
Woodfin: „Wie war der Schritt in Richtung DSB? Wir hatten von Anfang an bei den Bayrischen Meisterschaften sowie auch etwa seit drei Jahren bei den Deutschen Meisterschaften in München Infostände mit der Möglichkeit zum Blasrohrschießen betrieben. So wurden auch Schützen und Funktionäre der anderen Landesverbände auf den damals noch exotischen Sport aufmerksam. Natürlich gab es nicht nur positives Feedback, meist waren die Argumente, dass man nicht noch eine Disziplin bräuchte und was das überhaupt mit Sportschießen zu tun habe. Generell hielt man das eher für eine "Pausenbeschäftigung". Noch vor Covid19 wurden wir vom DSB eingeladen, im Rahmen der Fachvorträge bei den Deutschen Meisterschaften unsere bayerische Disziplin in einer Präsentation vorzustellen. Danach kam der DSB im November 2020 auf die Landesverbände zu, um gemeinsam zu besprechen, ob und wie das Blasrohrschießen seinen Weg im DSB starten könnte.“

 

Gab es Widerstände?
Bergmann: „Es gibt immer zwei Lager. Die einen, die begeistert sind, die für etwas Neues aufgeschlossen sind. Widerstände gab es eher im Leistungsbereich, die natürlich Welt- und Europameister kreieren wollen. Die haben das Thema Breitensport nicht so drauf, obwohl aus dem Breitensport die späteren Europameister kommen. Das gerät immer ein wenig in Vergessenheit.“
Woodfin: „Wir präsentieren den Sport auf vielen Veranstaltungen: Wir waren schon mit Info- und Schießständen u.a. im bayerischen Landtag, auf Messen, Olympischen Ballnächten, Landeschützentagen, Sportlerehrungen. Viele Leute, die vom Blasrohrschießen hören und sich vielleicht das Falsche darunter vorstellen, sind skeptisch. Aber sobald die Leute informiert und "am Rohr" sind, haben wir eine sehr hohe Akzeptanz. Der erste Satz, der dann meist kommt, lautet: „Das macht ja Spaß!“ oder "das hatte ich mir schwieriger vorgestellt, das wäre was für unseren Verein". Nur das reine Zuschauen langt meist nicht, um den Funken zu entfachen.“ 

 

Wie ist der Zuspruch?
Bergmann: „Der Zuspruch ist sehr gut, hauptsächlich bei den Kindern. Was toll ist: Es schießen oft Kinder, Eltern, Oma und Opa zusammen. Und genau das ist das, was wir vorhatten als Familien und Breitensport im Schützenverein.“

Sehen Sie das auch als Einstiegsmöglichkeit, Kinder und Jugendliche für den Bogen- und Schießsport zu begeistern?
Woodfin: „Ja! Mit dem Blasrohr haben wir die tiefste Einstiegsaltersgrenze aller Disziplinen im Schützenwesen. Überraschenderweise hat sich über die vielen Turniere, die wir in Bayern durchgeführt haben, eine zweite Gruppe herauskristallisiert, mit der wir nicht gerechnet hatten: Die über 50-Jährigen und Senioren. Ein großer Anteil dieser Gruppe ist bereits Mitglied in einem Schützenverein, hatte aber meist aus gesundheitlichen Gründen mit dem aktiven Sportschießen abgeschlossen. Und diese sind nun durch das Blasrohrschießen wieder aktiver im Verein geworden. Das führt dazu, dass wir in Bayern und der Oberpfalz in einigen Vereinen sogar "Blasrohrabteilungen" haben mit eigenen T-Shirts und originellen Gruppennamen wie „Pusteblume“ oder „Pustefix“ und ähnlich. Und das mit einer Altersspanne von fünf bis 80 Jahren.“

 

Was hat bisher an Aktionen und Maßnahmen stattgefunden?
Bergmann: „Das größte Ereignis war bisher der Weltcup 2019 in München mit fast 250 Personen aus neun Nationen, die an zwei Tagen Blasrohr geschossen haben.“
Woodfin: „In Bayern haben wir über das Jahr verteilt acht bis 13 Turniere mit in Summe 600 bis 1000 Teilnehmern und derzeit ca. 450 Vereine, die das Blasrohr im Verein unterschiedlich nutzen. Entweder bei Werbeschießen zur Mitgliedergewinnung, z.B. Tag der offenen Tür oder Ortsvereinsschießen, der Vereinsmeisterschaft oder zum Ausschießen des Schützenkönigs, bis hin zu Turnieren und Meisterschaften. Darauf wollen wir aufbauen, sodass auch die anderen Landesverbände Turniere anbieten und eben im Verein als Werkzeug nutzen, allgemeine Jugendarbeit voranzutreiben und Ältere wieder zu aktivieren. Das Interesse hat sich stetig und massiv erhöht, auch in Zeiten der Pandemie konnten wir viele Anfragen per E-Mail aus den Vereinen im DSB beantworten.”  

 

Wie sieht es europäisch oder international aus? Gibt es schon so etwas wie eine Blasrohr-Szene?
Woodfin: „Es gibt eine Blasrohrszene mit eigenen Vereinen und Verbänden in einigen Ländern Europas und vielen Ländern auf den anderen Kontinenten, zum Teil auch schon mit Wettkämpfen, aber alles außerhalb der jeweiligen nationalen Schützenverbände. Das Problem ist: Das Blasrohrschießen ist in vielen Ländern per Gesetz verboten. 
Vielleicht können wir als DSB das Interesse wecken und andere Schützennationen auf unseren Sport und dessen besondere Möglichkeiten aufmerksam machen, sodass wir vielleicht auch in Zukunft internationale Wettkämpfe durchführen können, wenn sich das in anderen Ländern etabliert. Beim ISSF Weltcupfinale 2019 in München waren einige Nationen an unserem Infostand und haben sich informiert und eingekauft. Momentan sind wir Vorreiter und wissen nicht, wie es international angenommen wird. Wir versuchen es erst einmal in Deutschland voranzubringen.“  

 

Was kostet das Blasrohrschießen?
Bergmann: „So eine persönliche Einsteiger-Blasrohrausrüstung kostet so ab 50 Euro aufwärts. Das ist natürlich verschwindend gering, wenn man das z.B. mit einer Luftgewehr-Ausrüstung vergleicht. Jeder Verein kann sich die notwendige Vereinsausstattung (Pfeilfangstative und Scheiben für zwei, drei Stände) sehr kostengünstig anschaffen. Das Gute ist: Man kann es in jedem Schützenhaus oder Bogenverein anbieten. Es ist nicht kostenintensiv und schnell auf- und wieder abgebaut.“ 

 

Was gibt es sonst noch zu erwähnen?
Bergmann: „Wichtig zu erwähnen, ist noch der Gesundheitsaspekt. Man trainiert die Lungenvitalkraft, für Personen mit Lungenleiden oder im Rollstuhl sitzend ist das Lungen-Training. Da gibt es schon Expertisen von (Lungen-)Ärzten, die das als sehr vorteilhaft ansehen.“
Woodfin: „Der Sport ist auch absolut integrativ und inklusiv. Alle können mitmachen, ob Handicap oder nicht, wir stehen/sitzen alle gemischt in einem Turnier-Durchgang an der Linie, also keine nach Altersklassen sortierten Wettkämpfe. Die Bedienunsgweise ist schnell erklärt und das Regelwerk auf wenigen Seiten festgehalten.“ 

 

Wie sieht das Wettkampfformat aus?
Woodfin: „Wir schießen auf 5 Meter für die Jüngsten und auf 7 Meter für alle anderen Altersklassen, 60 Pfeile unterteilt in 10 Passen à 6 Schuss. Wir haben sechs Scheibenspiegel (zwei vertikal nebeneinander angebrachte 3-er Spots), wie sie bei den Bogenschützen in der Halle benutzt werden, die in freier Reihenfolge je einmal beschossen werden. Das Maximal-Ergebnis sind 600 Ringe, beim Weltcup war das Top-Ergebnis 591 Ringe. Ähnlich wie beim Bogenschießen gibt es Kommandos per Pfeife oder Lichtsignalen für Start und Stopp und Sicherheitswarnungen, die Auswertung erfolgt durch die Sportler selbst. Der Wettkampf dauert knapp über eine Stunde.“ 

 

Worauf kommt es beim Blasrohrschießen an? Was sind die wichtigsten Eigenschaften?
Bergmann: „Es sind die Dinge gefordert, die auch bei allen anderen Schießsport-Disziplinen relevant sind: Atmung, Konzentration, Auge-Hand-Koordination, sicherer Stand. Das kann jeder schnell erlernen. Es benötigt zum ersten Start nur fünf Minuten Instruktion: Stand, Atmung, Pfeil einlegen, visieren über das Rohr und nach fünf, sechs Schuss weiß jeder, wie es funktioniert und man trifft sofort im Wertungsbereich.“
Woodfin: „Ab dann gilt es nur noch, im Training Automatismen zu erzeugen und das Wettkampfformat zu verinnerlichen, wie in den anderen Disziplinen auch. Der Spaßfaktor ist immens, man trifft sofort und kann auch nach nur wenigen Trainingseinheiten bereits an Wettkämpfen teilnehmen.“ 

Wie geht es weiter beim DSB?
Woodfin: „Wir haben derzeit eine Arbeitsgruppe mit den bereits vorhandenen Blasrohr-Landesreferenten bzw. Sportleitern, da wurde u.a. das DSB-Regelwerk erarbeitet, das muss jetzt in die Ausschüsse und wird im Frühjahr 2022 verabschiedet werden. In diesem Jahr sollen fünf Regionalturniere stattfinden und im Anschluss ein Bundesfinale. Zudem werden alle weiteren notwendigen Themen zur Entwicklung unseres Sports besprochen und in die richtigen Bahnen gelenkt. Wenn die Resonanz flächendeckend gegeben wäre, könnte man in ferner Zukunft auch weitere Disziplinen mit dem Blasrohr erarbeiten z.B. Parcours, Duathlon etc. kämen da in Frage.
Generell sind wir in der Testphase und müssen sehen, wie es aussieht, wenn es zu großen Meisterschaften kommt, ob es dann zu einem Finale oder ähnlichem kommen kann. Je mehr Turniere wir flächendeckend anbieten können, umso mehr können wir absehen, was notwendig ist. Oftmals ist es so, dass wir bei Turnieren schon in Sporthallen ausweichen müssen, weil zum Teil zwischen 100 bis 160 Schützen an nur einem Tag Ihren Wettkampf bestreiten und auch bewirtet werden müssen“. 

„Gut Schuss“ und „alle ins Gold“ wünscht man Sport- und Bogenschützen. Was sagt man bei Blasrohrsportlern?
Bergmann: „Beim Blasrohrschießen eigentlich auch Gut Schuss“.

 

Blasrohrschießen im DSB

 

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